Ein unerwartetes Heilungswunder
Wie es so gestern im Fitnessstudio passiert ist (und koordinationsschwach wie ich bin), habe ich mich versehentlich verletzt, indem ich von einer Yoga-Maschine abgerutscht und mit dem linken Knie auf eine nur dünn gepolsterte Metallrolle gekracht bin - aua. So viel aua, dass ich heute mit einem leichten Humpeln herumlaufen musste, damit der Schmerz nicht ständig aufflammt. Dem Gefühl nach würde sich das in den nächsten paar Tagen sicherlich in einen fetten blauen Fleck verwandeln. Also hatten nun vor allem die Treppen in der Arbeit sich zu meinem Erzfeind des Tages entwickelt.
Natürlich habe ich den Anlass sofort dazu missbraucht, um mich bei Gott darüber zu beklagen, wie es dieser Schmerz auch nur wagen kann, mich an diesem schönen Tag zu belästigen! Mit einem sanften Lächeln in der Stimme antwortete Er wie gewohnt nur liebevoll mit: „Lass Mich Mich darum kümmern.“Alles klar dann, ich gehöre voll und ganz Dir, Herr! Wie unangenehm der Schmerz auch sein mag, ich weiß, dass ich sicher in Seinen Händen bin, und dass mich der Herrscher der Schöpfung zu einem Zeitpunkt Seiner Eigenen Perfekten Wahl heilen wird; sei es früher oder später.
Trotzdem habe ich die Gelegenheit absolut ausgenutzt, um Mitleid von meinen Kollegen einzuheimsen, indem ich ihnen in aller Ausführlichkeit von meinem dramatisch ungünstigen Leiden berichtete. (Ich weiß, es ist eine schlechte Angewohnheit, ich arbeite daran.) Aber es ist nicht so, als hätte ich (stark)übertrieben. Ich bin jemand, die ihr Bestes tut, immer die Treppe statt des Lifts zu nehmen, egal wie fix und fertig ich mich fühle. Da waren natürlich die zwei Stockwerke zwischen mir und meinem Büro auch keine Ausnahme. Jedoch hatte Gott schon den ganzen Morgen auf mich eingeredet, mein verletztes Knie doch zu schonen - also habe ich nach dem Mittagessen dann doch zähneknirschend den Lift zurück in den 2. Stock genommen. Und um ganz ehrlich zu sein... Es war derart eine Erleichterung, dass ich einen hörbaren Seufzer ausstieß, als ich oben angekommen war, bevor ich wieder in mein Büro zurückgehumpelt bin.
Um die zwei Stunden später war es dann Zeit für meine allnachmittägliche Kaffee-Pilgerreise zum Café im anderen Firmengebäude, also habe ich meine Kollegin gefragt, ob sie mich begleiten möchte. Als wir das Büro verließen, fing ich natürlich prompt an, ihr von der gravierenden Verletzung zu berichten, die ich erlitten hatte, und versuchte, für demonstrative Zwecke mein Bein so anzuwinkeln, dass ich im Knie einen Schmerzensstich spüren würde.
Nur... Das tat es nicht.
Hm. Komisch.
Ich fing an, im Bereich um meine Kniescheibe herumzudrücken; dort, wo es sich vorhin noch eindeutig nach einem blauem Fleck im Frühstadium angefühlt hatte. Kein Schmerz, nicht mal ein Ziehen. Ich verlagerte mein Gewicht aufs linke Bein. Nahm einen Schritt. Nichts. Ich war total perplex. Wo waren die Schmerzen hin? Selbst als wir die Treppen hinuntergingen, war das Einzige, was ich spürte, ein wenig Muskelkater; aber sonst nichts, was mit der Knieverletzung zusammenhängen könnte. Ich war ratlos. Häääähh? Erst auf dem letzten Treppenabsatz schoss es mir auf einmal durch den Kopf, was passiert sein musste - Gott musste mich geheilt haben, aber warum? Ich hatte ganz sicher nicht für Heilung gebetet, und meines Wissens nach auch niemand anderes. Als Bestätigung hörte ich Ihn auf einmal mit einem hörbaren Grinsen in der Stimme in meine Gedanken hineinsprechen: „Ich wollte dich einfach segnen.“ … ?!?!??!?!?!?!!? Bitte waaaaaaaas??!!!?!?!! Ich war komplett konsterniert, sprachlos. Ich wusste nicht, wie ich mit so einem enormen plötzlichen Segen umgehen sollte.
Warum heilt Gott manche Leute, und andere nicht?
Denn laut meiner begrenzten Welterfahrung waren Heilungswunder ein sehr exklusiver Segen, der hauptsächlich bei großen Heilungsgebet-Events ausgeschüttet wird; und freilich nur für diejenigen, die ihn auch wirklich am meisten brauchen. Ich musste mich sofort an ein prophetisches Wochenendseminar erinnern, welches ich vor ein paar Wochen besucht habe, wo es auch Heilungsgebet-Veranstaltungen gab. Ich hatte dort mit eigenen Augen gesehen, wie "besonders" solche Heilungsgebet-Events sind. Wie viele Menschen dorthin strömen; mit dem Ziel, dass sie von Gott höchstpersönlich auserwählt werden, um göttliche Heilung zu erfahren. Menschen mit wirklich gravierenden Krankheiten und Verkrüppelungen, die nichts außer dem Glauben haben, womit sie sich an einen fahlen Hoffnungsschimmer klammern können. Ich habe bereits persönlich rollstuhlgebundene Personen kennengelernt, die mir erzählt hatten, zu welch großen finanziellen Längen sie gegangen sind und welche weiten Reisen sie auf sich genommen haben; allein angetrieben vom Versprechen für eine Chance auf Heilung. Leute, die wirklich verzweifeltsind. Und welche trotzdem allzu oft wieder in dem Zustand abreisen müssen, in dem sie gekommen waren.
Währenddessen hatte ich kein einziges dieser Kriterien erfüllt. Ich saß in meinem gemütlichen Büro, hatte meine Gedanken überall, nur nicht auf Gott, mit keinerlei Vorhaben, für Heilung zu beten oder auch nur zu fragen, und mit einer trivialen Verletzung, die in maximal ein paar Tagen von selbst verschwinden würde. Und dennoch hat Gott sich entschieden, dass in diesem reinen kapitalistischen Umfeld, diesem großen Bürogebäude mit vermutlich nicht einer Seele, die einen zweiten Gedanken an Ihn verschwendet....Er ein Heilungswunder vollbringen würde. Ohne dabei im Rahmen eines großen Events zu sein, ohne irgendwas Besonderem oder Auffälligem dabei; ja, sogar gänzlich unbemerkt.
Für eine Verletzung, die kaum der Rede wert war.
Wieso würde Er das tun? Kommt einem das nach unserem Verständnis von Gerechtigkeit nicht völlig unfair vor? Um nicht zu sagen, überflüssig? Gar willkürlich? Ich bin mir sicher; würde ich genug Zeit damit verbringen, hierüber nachzudenken, könnte ich einen ganzen Absatz darüber schreiben, was einem damit alles ‚falsch‘ vorkommt. Wenn wir diese Geschichte aus unser begrenzten menschlichen Perspektive betrachten, werden wir Gottes Entscheidungen niemals verstehen können.
Aber Gott denkt nicht so wie wir. Was uns ungerecht und wie Bevorzugung vorkommt, ist für Ihn vollkommen fair und in Einklang mit Seiner liebenden Güte. Wir sehen einfach nicht das große Ganze, das Er sieht. Er sah keine Belanglosigkeit, die Er willkürlich als wichtiger als andere, ernsthaftere, maßgeblichere, schlimmere Fälle erachtete.
Was Er sah, war eine geliebte Tochter, die Schmerzen litt; sich aber nichtsdestotrotz dazu entschied, Ihm zu vertrauen und Ihm die Kontrolle zu übergeben - egal ob Er ihre Schmerzen lindern würde oder nicht. Die trotz allem nahe bei Ihm sein wollte; nicht für die Vorteile und Segen, die sie vielleicht dadurch empfangen würde, sondern einfach nur wegen Ihm als Person Selbst. Eine Tochter, die Ihn in absoluter, völliger Selbsthingabe so vollkommen und leidenschaftlich liebt. Und ich habe erkannt...
Es ging nicht darum, wie schwer die Verletzung war. Es ging ums Prinzip.
Denn wie können wir Ihm mit unseren großen Problemen vertrauen, wenn wir es denn nicht mal mit den kleinen tun?
Darauf zu vertrauen, dass Gott dich heilt, ist keine verzweifelte Hoffnung auf ein Heilungswunder.
Darauf zu vertrauen, dass Gott dich heilt, ist eine Gleichgültig der Zeit gegenüber, wie lange es auch dauern mag, weil du weißt, dass Gott allmächtig ist, und das ist alles, was zählt.
Er hat mich nicht geheilt, weil ich es wollte oder brauchte.
Er hat mich geheilt, weil Er mich liebt, und ich liebe Ihn.
ברוך אתה ה' אלהינו מלך העולם
Gesegnet bist Du, O Herr unser Gott, Allmächtiger des Universums.